Local beats global: 10 Fakten über Dialekte

Plakat auf Schwäbisch

Dialekte feiern seit einigen Jahren ihre Wiedergeburt. Hickepick oder Gluggsi: Sie machen aus Sprache Heimat. Auch Werbung nutzt immer häufiger die starken Gefühle, die Dialekte wecken.

Mit Dialekten Farbe zeigen

In ganz Deutschland wird Hochdeutsch gesprochen. In ganz Deutschland? Nein, ein hartnäckiger Wirrwarr an Dialekten leistet Widerstand. „Du kommst doch aus dem Süden.“ Dialekte helfen, Menschen zu verorten, sie verbinden Menschen und drücken Gemeinsamkeit aus – oder Unterschiedlichkeit.

Wussten Sie schon, dass …

  • man pures Hochdeutsch heute nur noch in den „Tagesthemen“ oder der „Tagesschau“ hört? Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hält die Fahne hoch, die schon lange unter einem sinkenden Stern steht. In vielen Fernsehredaktionen hat man erkannt, dass dialektale Einfärbungen sympathisch rüberkommen. Dialekte wirken menschlich und warm.
  • die Renaissance der Dialekte bereits in den 80er Jahren begann? Vorher waren Dialekte verpönt. Sie galten als bäuerlich und ungebildet. Aus Scham trainierten Eltern mit ihren Kindern Standarddeutsch. Heute bereuen das viele.
  • man in Friesland versucht, Plattdeutsch an der Schule zu unterrichten? An einer Grundschule in Norddeutschland findet heute der Unterricht auf Friesisch statt. Noch handelt es sich um ein Feldprojekt, viele Eltern begrüßen aber das Vorhaben. Doch Lehrer, die Plattdeutsch ausreichend gut beherrschen, sind rar.
  • der Slogan „Wir können alles außer Hochdeutsch“ zuerst dem Land Sachsen angeboten wurde? Sachsen lehnte den Slogan ab, weil Dialekt damals noch kein Thema war, mit dem man hausieren ging. Einige Jahre später übernahm ihn das Land Baden-Württemberg. Baden-Württemberg ist es zu verdanken, dass der Slogan später berühmt wurde. Mit ihm nahm eine ganze Lawine an dialektalen Slogans ihren Anfang.
  • man im Internet Dialekt-Wörterbücher findet? Zum Beispiel dieses nutzergespeiste Wörterbuch für Schwäbisch der Marke Schwabenbräu. Auch ein Beispiel für dialektale Werbung.
  • Synchronfassungen von Filmen auf Dialekt im Internet die Runde machen? Ein Dauerbrenner auf Youtube bleibt die schwäbische Fassung von Star Wars – virales Marketing:

  • das Deutsche fast 25 verschiedene Wörter für Schluckauf kennt? Schlucken, Schluckser, Schluckiza, Schlickser, Schlicks, Hickser, Hicker, Hicks, Higgis, Hickes, Hick, Hicki, Hitzgi, Hickepick, Hecker, Hetscher, Höschger, Schnackler, Schnackel, Schnaggile, Schnackerl, Gluckser, Gluggsi, Glutzger. Das Magazin Spiegel online hat in Zusammenarbeit mit dem Tages-Anzeiger und den Entwicklern der VoiceÄpp aus dem Atlas der deutschen Alltagssprache (ADA) eine App gestaltet, mit der man anhand von Aussprache und Wortvarianten die regionale Herkunft erkennen kann? Testen Sie mal.
  • das Hochdeutsch ursprünglich aus Süddeutschland kam? Heute verbindet man Hochdeutsch mit der Hannoveraner Aussprache, doch ursprünglich meinte das „Hoch-“ im Hochdeutschen das bergige Land im Unterschied zum flachen Norden.
  • sich die Dialekte besonders schnell durch die sozialen Netzwerke und durch Chats verbreiten? Es soll sogar SMS-Kürzel auf Bairisch geben.
  • Dialekte neben der Aussprache eine eigene Grammatik und einen eigenen Wortschatz haben? Beschränkt sich der Dialekt auf die Aussprache, spricht man auch von einem Regiolekt. Regiolekte sind heute sehr viel häufiger anzutreffen, da die Sprecher von echten Dialektvarianten leider aussterben. Wollen Sie einen Versuch machen? Probieren Sie mal diesen Kommentar zu verstehen:

    Su jet han esch uch alt beubachtet. Wu mer firr jut zwanzisch Joarn sing Pänz noch up Hiedejtsch upjebraat hät, um dänne keen Schangßen zu verbouen, jiddet hück sujar Kannerjärde wu der Nohwuchs sing Platt lihrt. Et jitt jo uch die Tendenzen bej benohbischte, Dejtsch schwätzende Länderen, de ejene Dialekt zer offiziellen Sproach ze maan.Su as et zem Bejspill an Letzebüersch, wu dat Letzebüerjische mat Dejtsch un Franziesesch Stotssproach as. Op dem Platz elej ens ville Merci dofirr an uhs Letzebüerjische Frejnde, die domat us Muselfranke ene jeruhße Dienst erwise han. Allerdings merken esch uch alt hej su bejm Schrejwe dat su’n eenhejtlisch Schriftsproach uch jett firr sesch hät….

    Kommentar vom 20. Juni 2008 von outis zu: „Die neue Dialektik: Warum sich die Deutschen heute nicht mehr für ihre Mundarten schämen“ von Matthias Stolz erschienen am 19. Juni 2008 in der Zeit.

Die Globalisierung als Auslöser

Die neue Popularität der Dialekte, so eine weitverbreitete Hypothese, hänge mit der Globalisierung zusammen. Als gesprochene Sprache liege in den Dialekten eine gemeinschaftsstiftende Kraft. Aus Schutz vor Entfremdung besinnt man sich auf die Region. Dialekt als Schutzwall und Abgrenzung vor Business-Englisch und Arbeitsplatzflexibilisierung.

Was halten Sie von diesem Trend? Schon wieder out? Oder voll im Kommen? Und was ist eigentlich Ihr Lieblingsdialekt? Wir freuen uns auf Ihre Antworten und freuen uns, wenn Sie sich die Zeit nehmen, den Artikel weiterzuempfehlen oder zu liken.

Ahoi,

Ihre Kulturentdecker

Bildquelle: Ralf Schulze

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