Kulturelle Klischees in der Werbung: Eine knifflige Aufgabe für die Transkreation

Gartenzwerg

Klischees sind leicht verdaulich. Wir verstehen sie intuitiv. Für die Werbung liegt gerade darin ihr Nutzen. Doch sind sie auch in eine andere Kultur übertragbar? Und was, wenn kulturelle Klischees die Vorlage für den neuen Werbespot liefern? Am Beispiel Frankreich/ Deutschland gehen wir der Problematik nach.

Deutsche Autos, französische Frauen: Warum Marken unsere Stereotypen abrufen

Klischees wirken. Stereotype Frauen- und Männerbilder finden sich in der Werbung zuhauf. Beispiele für den vielfältigen Einsatz der Genderschublade lassen sich leicht bringen. Ein besonders charmantes liefert Heineken: schuhvernarrte Frauen vs. bierliebende Männer.

Einen Zusammenhang zwischen Werbewirksamkeit und Klischees will eine Studie nachgewiesen haben. Stereotype ermöglichen einen schnellen Zugang zu der Gefühlswelt des Konsumenten, so die Aussage der Marketing-Analysten. Trifft das auch auf kulturelle Klischees zu?

Die Bier, die so schön hat geprickelt in meinem Bauchnabel

Frankreich: Land von Champagner, von Wein … und des sexysten Akzents der Welt. Das ist eine Gleichung, die kann nur gut aufgehen. So oder so ähnlich haben sich das die Macher der Schöfferhoffer-Weizen-Werbung wohl gedacht. Der Erfolg gab ihnen recht. 14 Jahre lief der Spot im deutschen Fernsehen und brannte sich in die Hirnrinde einer ganzen Generation. Erinnern Sie sich?

Auch französische Werbung spielt die Akzent-Karte aus

Nein, das Adjektiv „sexy“ assoziieren wohl die wenigsten Franzosen mit Deutsch. Was denken Sie: In welcher Industrie ist wohl der Einsatz eines deutschen Akzents trotzdem sinnvoll? Richtig: Autos.

Renault lässt seinen Präsentator deutsche Artikel einwerfen. Das Deutsche vermittelt die Tugenden deutscher Ingenieure und weckt im Geiste die Bilder der großen Marken aus München, Wolfsburg und Stuttgart. Am Ende landet dann die Pointe zielsicher: Renault hat den „French Touch“ und ist „überausgestattet“(suréquipée).

Lassen sich Werbungen mit kulturellen Klischees übersetzen?

Könnte Renault diese Werbung auch in Deutschland zeigen, bzw. die Radeberger Gruppe ihre Schöfferhoffer-Kultwerbung? Die Antwort lautet entschieden „Nein!“. Wörtlich übersetzen lassen sich diese Art Werbungen zwar, nur geht dabei die Pointe und wohl auch die Zielgruppe flöten. Eine Transkreation müsste einen vollkommen neuen Ansatz finden. Würde man in Frankreich für eine Schöfferhoffer-Weizen-Werbung die gleichen Bilder verwenden wollen, müssten die Transkreater die Geschichte vollkommen neu erfinden. Denn der Witz, die Liebesgeschichte rund um „Arald“, müsste natürlich ohne Akzent auskommen. Eine schwierige, aber nicht unlösbare Aufgabe.

Eine Werbung für jedes Land?

Renault geht einen anderen Weg. Für jedes Land wird eine Werbung entwickelt. In der deutschen Variante für den French Touch aus dem Jahr 2007 sprechen Bilder Bände:

Der Bruch mit den Klischees

Jenseits von Deutschland und Frankreich zeigte jüngst die britische Werbeagentur Mother aus London wie viel explosive Kraft im Klischeebruch liegt. Der Spot für ihren Kunden Moneysupermarket gewann dann auch gleich den bronzenen British Arrow für TV Spots:

Globale Strategie vs. lokalisierte Werbung

Im Teil 2 nächsten Monat wollen wir der Frage nachgehen, ob ein globales Konzept für einen Werbespot erfolgsversprechender und vor allem finanziell günstiger abschneiden kann. Gibt es dafür erfolgreiche Beispiele?

Fallen Ihnen noch andere Werbespots ein, die französische oder deutsche Stereotypen verwenden? Wir freuen uns über Ihre Kommentare. Und bedanken uns bei Ihnen im Voraus, wenn Sie den Artikel liken oder weiterempfehlen. 🙂

Ahoi,
Ihre Kulturentdecker

8 Kommentare

Hailin Yin

liebe Damen und Herren,
In welchen Literaturen kann man die Klischeetypen finden? Ich brauche Ihren Vorschlag. Dank Ihnen!
Herzliche Grüße,
Hailin Yin

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Textcult

Hallo Hailin Yin,

da gibt es sehr viele unterschiedliche Konzepte. Allgemein lesenswert ist der Ansatz von Stuart Hall zur Kulturellen Identität. Danach erschaffen wir in Form von Repräsentationen, also Bildern und Aussagen über bestimmte gesellschaftliche Gruppen insbesondere in den Medien (darunter selbstverständlich auch die Werbung), ein „praktisches soziales Wissen“ über diese Gruppen.
Als schnellen Einstieg in das Thema kann ich Ihnen diesen Artikel der Bundeszentrale für Politische Bildung empfehlen:
https://www.bpb.de/apuz/221579/medien-und-stereotype?p=all

Herzliche Grüße und vielen Dank für Ihr Interesse
Ellen Bonte

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