5 kulturelle Unterschiede zwischen Frankreich und Deutschland, die sich in unserem Umgang mit Getränken zeigen

Teetrinkendes Pärchen

Wenn jemand bei dem Gedanken an Froschschenkel und Saumagen zusammenzuckt, ist das wenig erstaunlich. In unseren Essgewohnheiten liegt eine Welt verborgen. Auch Traditionen rund ums Trinken können Anlass für ein kulturelles Schluckauf sein.

5 petits dépaysements im Zusammenhang mit Getränken

  • #1 Weniger das Bier als weniger Bier

    Bier und Wein gibt es im Supermarkt zu kaufen, sowohl in Frankreich als auch in Deutschland. Allein der Sortenreichtum und der schiere Masse an verschiedenen Brauereien machen Touristen in Deutschland schwindelig. Aber noch etwas anderes versetzt den französischen Besucher in tiefes Erstaunen: Die Größe der Gläser. Dafür braucht es kein bayrisches Mass, das auch Norddeutsche auf Stippvisite ungläubig in den Händen halten. Der biergartentypische halbe Liter ist ausreichend, um den Durchschnittsfranzosen zu erstaunen. Zwar kann man auch in Frankreich ein „Pinthe“ (0,5 l) bestellen, üblich ist es aber nicht. Mehr als eins davon zu trinken, wirkt trinkfest bis aussschweifend. Andersherum verdirbt es dem deutschen Durchschnittsbiertrinker die Feierlaune, soll er sich in Frankreich mit der Standardflaschengröße 0,25 l begnügen. In deutschen Augen reicht das gerade, um den Mund zu befeuchten. Ein Tor, wer Böses dabei denkt: Die Gewohnheiten sind ein mächtiger Wahrnehmungsfilter.

  • #2 Wasser mit oder ohne

    Wasser, das wichtigste und zugleich banalste aller Feuchthaltemitttel: Wie viel kann man da falsch machen? Ein kleines Detail verdirbt dennoch die Laune allzu schnell: Die deutsche Sitte, Wasser mit einem Schuss Kohlensäure zu versetzen. Ein alltäglicher Schluck Sprudelwasser ist dem Durchschnittsfranzosen suspekt. Es ist kulturell mit dem Ende des Festtagsessen verbunden. Im Gegenzug will es dem deutschen Touristen nicht in den Sinn, warum es standardmäßig meist flaches Wasser in Frankreich zu kaufen gibt. Woher kommt die französische Vorstellung, blubberndes Mineralwasser sei nur als verdauungsförderndes Mittel einsetzbar?

  • #3 Das wahre deutsche Nationalgetränk

    Eng verknüpft mit der deutschen Kohlensäure-Obsession ist die Apfelschorle. In französischen Augen mag es fremd erscheinen, guten Saft mit Wasser zu versetzen, in Deutschland ist es das Getränk der Wahl von jung und alt. Ein deutscher Standardtrinker wird früher oder später zu einem Saft seiner Wahl greifen und ihn mit Sprudelwasser verlängern. Es gibt wahrscheinlich nur ein Getränk, das dieses Gepansche in französischen Augen an Verrückheit steigert: die Weinschorle.

  • #4 Das geheime französische Nationalgetränk

    Was dem Deutschen die Apfelschorle, ist dem Franzosen der Sirup. Himbeere, Minze und Grenadine: Es gibt keinen Sirup, den es nicht gibt. Das Verhältnis zwischen Wasser und Sirup ist Kunst und Charaktermerkmal zugleich. Viel Sirup verleiht dem Getränk eine kindlich süße Note, wenig erfrischt mit einer fruchtigen Idee. Dem Deutschen ist diese Sitte häufig zu kleberig und lässt vor allem das liebste Getränkemerkmal vermissen: das Sprudeln.

  • #5 Wann ist es Zeit für das erste Glas?

    Eine grobe Verallgemeinerung führt bei Fragen nach dem richtigen Zeitpunkt für ein Glas Wein oder Bier schnell in die Irre. Belassen wir es daher bei markanten Beobachtungen. Die Flasche Wein gehört in vielen französischen Familien zum Mittagessen, während man an manchen deutschen Universitäten Bier in der Mensa kaufen kann. Beide Umstände könnten dem außenstehenden Betrachter wunderlich vorkommen. Das Weißwurstfrühstück mit Weizen hat in Bayern eine genauso lange Tradition wie der Pastis in der Provence, der zum südfranzösischen Sommer gehört wie die Lavendelblüte. Obwohl beide nicht jedermanns Sache, gelten sie gemeinhin als echte Kulturgrößen.

Kulturen sind nicht durchschnittlich

Abschließend lässt sich auch deswegen festhalten, dass der Standarddeutsche genauso wenig im realen Leben existiert wie der Durchschnittsfranzose. Tendenzen besitzen aber die schöne Eigenschaft, vergleichbar zu sein. Man möge uns daher die Generalisierung verzeihen. Das Schönste an Kulturen ist ja, dass sie so vielfältig im Inneren sind, dass man sie nur mit Abstand als Kultur erkennt. Nur mit dem Blick von außen lassen sich ihnen dann gewisse Merkmale zuschreiben. Bleiben wir dennoch allen Verallgemeinerungen zum Trotz immer offen, Kulturen wieder und wieder und von Mensch zu Mensch neu zu entdecken.

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